11 Jan Ich weiß, dass ich nichts weiß…
Dieses Zitat, das Sokrates zugeschrieben wird, ging mir dieser Tage durch den Kopf, als ich einmal mehr mit der Aussage: „Mit absoluter Gewissheit kann ich sagen…“ konfrontiert wurde.
Wenn wir uns einmal unseren Alltag betrachten, wie oft hören oder lesen wir Aussagen, die ausdrücken, dass es nur diese eine Wahrheit, diesen einen Weg, dieses eine bestätigende Wissen, diese oder jene wissenschaftlich fundierte Studie u.v.m. gibt. Wahrscheinlich reicht zum zählen dieser Aussagen eine Hand nicht aus.
Sokrates Gedanken
Sokrates ging es u.a. um die Tugend, um das Gute des Menschen. Es sei das höchste Gut des Menschen, sich täglich selbst und andere zu prüfen. Aus dem selbst überprüfen, würde sich die Sorge um das eigene Leben und die eigene Seele ergeben. Die Seele selbst möchte das Gute im Leben realisieren und ist auf das Gute bezogen. Ein Leben ohne Selbstforschung und vermutlich ohne Selbstreflexion verdiene es nicht, gelebt zu werden.
Was bedeutet das für unsere Zeit?
Was bedeutet das für jeden einzelnen Menschen, heute?
Wie sieht es aktuell in uns und um uns aus?
Gehen wir ein wenig weiter in der vereinfachten Abhandlung.
Über die Weisheit
Für Sokrates beginnt Weisheit mit der Entlarvung von Scheinwissen. Die Methode, dem auf dem Grund zu gehen, wäre ein stetiges und bohrendes Bemühen, mehr zu erfahren und sich nicht mit dem Vordergründigen zufrieden zu geben
Das bedeutet für den Menschen, der sich um mehr Weisheit bemüht, eine innere Bewegtheit, eine Haltung und das Denken.
Sokrates interessierte sich vor allem für das Wissen um Gut und Böse. Seine Erkenntnis war, dass die moralische Wahrheit subjektiv ist und das in der Subjektivität der einzig mögliche Zugang zum Gutsein besteht.
Im Laufe seines Lebens gelangt er offensichtlich mehr und mehr zur Erkenntnis, dass das Fundament für menschliche Erkenntnisse in der Vernunft liege. Der Mensch sei in der Lage sich der Vernunft zu bedienen. Er ist fest davon überzeugt, dass der Mensch, der wisse, was gut ist, auch das Gute tun werde. Sokrates glaubt, die richtige Erkenntnis führe zum richtigen Handeln. Aus diesem Grund, sei es wichtig, die Weisheit zu vermehren.
Was kann die Vermehrung der Weisheit unterstützen?
In den Dialog gehen
Genau, der Dialog. Im Dialog kann die Wahrheit ihre Wirkung entfalten. Im Dialog können sich die Menschen mitteilen. Darüber austauschen, was sie als Wahrheit entdeckt haben, was sie meinen, entdeckt zu haben.
Im Dialog können sich die Menschen gegenseitig im Streben unterstützen, das Gute an sich zu erfassen.
Der Bezug zu heute
Wir können im Prinzip alles, was uns interessiert nachlesen. Die Medien bieten alle Informationen in nahezu Echzeit an. Bei Google kann man alles suchen und wird fündig. Auf Youtube gibt es eine Unmenge unterschiedlicher Ratgeber-Kanäle, die darüber informieren, wie man sein Leben besser gestalten kann. Die Informationen quellen nahezu über.
Was ist davon wahr oder falsch?
Woher kommt das Wissen, derjenigen, die etwas veröffentlichen? Ist das eigenes Wissen, eigene Erfahrung?
Was ist die Motivation, etwas, in welcher Form auch, zu veröffentlichen?
Für das eigene Leben
Das eigene Leben ist wie eine Wanderung. Es wird immer wieder Weggabelungen geben, bei der es vielleicht auch mal angebracht ist, inne zu halten.
Die jeweiligen Erfahrungen, die man bis zur nächsten Weggabelung gemacht hat, helfen bei der Wahl, in welche Richtung man vielleicht jetzt gehen könnte.
Dennoch kann es sein, dass wir uns verirren, eine vermeintlich falsche Entscheidung treffen, Fehler machen.
Das Richtige und das Falsche ist sowohl für den eigenen Lebensweg als auch bei der Betrachtung des Weges anderer Menschen nicht so leicht zu unterscheiden. Für jeden ist der Weg ein anderer. Der Austausch, der Dialog kann dabei unterstützend sind.
Bleibe dabei in Demut, wenn Du bemerkst, dass Du einem anderen Menschen einen Ratschlag geben möchtest. (Das Wort Ratschlag ist schon als Wort ein Schlag.)
Wichtig ist, herauszufinden, was man selbst braucht. Schau dabei nicht zu sehr darauf, was andere meinen, was das Richtige für Dich ist, sondern spüre in Dich hinein.
Frage Dich selbst an einem solchen Scheideweg: „Was ist jetzt gut für mich?“ und bleibe Deiner Lebensintension treu.
Geh, wohin Dein Herz Dich trägt
Das Zitat aus einem Buch von Susanna Tamaro hat mich mein ganzes erwachsenen Leben begleitet.
Ich möchte es gern als Anregung weitergeben, weil ich von der Einfachheit und der Tiefe der Wahrheit aus dem Herzen überzeugt bin.
„Und wenn sich dann verschiedene Wege vor dir auftun werden, und du nicht weißt, welchen du einschlagen sollst, dann überlasse es nicht dem Zufall, sondern setz dich und warte. Atme so tief und vertrauensvoll, wie du an dem Tag geatmet hast, als du auf die Welt kamst, lass dich von nichts ablenken, warte, warte noch. Lausche still und schweigend auf dein Herz. Wenn es dann zu dir spricht, steh auf und geh, wohin es dich trägt.“
In diesem Sinne – herzlichst – Claudia Mächtle
Auszüge aus www.platon-heute.de
Susanna Tamaro: Geh, wohin dein Herz dich trägt
Foto: Claudia Mächtle, The Great Buddha of Kamakura, Kanagawa, Japan, 2011